Rather than trying to change the world, we can change how people see the world.
When people see the world differently, they behave differently.
That then changes the world.”
Der Spruch stammt von Rory Sutherland, einem meiner Helden, speziell wenn es um Marketing geht. Aber in diesem Fall geht es um weit mehr als Marketing-Strategien. Es geht um Verhaltensveränderungen. Dieser Ansatz beinhaltet zwei Möglichkeiten:
Erstens, die Fähigkeit, die eigene Perspektive zu verändern. Dinge anders zu sehen als andere. Ein Grundpfeiler von Kreativität.
Zweites, die Fähigkeit, anderen eine neue Perspektive zu vermitteln und so deren Verhalten zu beeinflußen.
Wie macht man das?
Manchmal reicht einfach ein neues Wort um einen Sachverhalt in einem anderen Licht zu betrachten. Vielleicht erinnerst du dich noch an „Analog-Käse“ – Ein Aufreger in der Lebensmittelbranche vor einigen Jahren. Die Lebensmittelindustrie hatte einen Käse aus analogen Materialien erzeugt. Eben nicht aus Milch, sondern mit „analogen“ Mittel. Ein Shitstorm brach los, gegen „künstliche“ Lebensmittel, „Plastikkäse“ usw. schädlich sollte er sein, ungesund, krebserregend und vieles mehr. Aber auch dieser Shittorm verebbte und man vergaß den Kunst-Käse wieder.
Jahre später kam einen neue Ernährungswelle: Vegetarische und vegane Ernährung. Relativ schnell schoß dich die Lebensmittelindustrie darauf ein und bediente den Mark mit Ersatzprodukten. Nur war die Marketing-Abteilung dieses mal schlauer. Aus ungesundem Analogkäse wurde supergesunder veganer Käse. Vielleicht aus anderen Bestandteilen zusammengebaut als damals der Analogkäse, aber immer noch nachgebaut. Dafür aber mit dem Siegel gesund, nachhaltig, wertvoll und deshalb auch deutlich teurer als das Original. (Change how people see things)
Wieder Jahre später lieferte Tesla einen ähnlichen Marketing-Stunt ab. In alten Zeiten gab es Ledersitze und alternativ (die billigeren) Kunstledersitze. Wer es sich leisten konnte und wollte nahm also die gefühlt (das ist hier das Schlüsselwort) hochwertigeren Ledersitze. Tesla folgte einem ähnlichen Trend wie die Lebensmittelindustrie, bediente einen ähnlichen Markt und nannte die Nicht-Leder-Sitze nun Sitze aus veganem Leder. Wieder änderte sich die gefühlte Wahrnehmung von „Kunst“, also Plastik, auf wertvoll, nachhaltig, trendig usw.
In beiden Fällen änderte sich am tatsächlichen Produkt wenig, aber die veränderte Wahrnehmung machten sie zum Verkaufsschlager. Es änderte also das Kaufverhalten (…they behave differently)
Das funktioniert auch im persönlichen Bereich. Wenn du deinen Körper als Neutrum siehst, als etwas gewöhnliches, dass du eben hast. Das du füttern musst und das irgendwie lästige Bedürfnisse wie Schlaf oder Ausscheidungen hat. Dann wirst du ihn genauso behandeln. Änderst du aber deine Sichtweise darauf. ändert sich auch dein Verhalten. Wie wäre es, deinen Körper als Tempel deiner Seele zu sehen? Bekommst du jetzt andere Ideen in den Kopf, wie du ihn behandeln solltest? Stell dir vor, du ziehst in eine Wohnung, oder ein Haus in dem du 80, 90 Jahre bleiben wirst, wie würdest du dich einrichten? Wenn du deine Seele als etwas sehr wertvolles siehst, wie sollte sie wohnen?
Ähnlich funktioniert die Geschichte rund um die Einführung der Kartoffel als Grundnahrungsmittel in Preußen. Im 18. Jahrhundert wollte Friedrich der Große die Kartoffel in Preußen verbreiten, um Hunger zu bekämpfen. Doch die Bauern lehnten sie ab – sie kannten nur die giftigen Pflanzenteile und hielten die Knolle für ungenießbar. Statt die Kartoffel mit Zwang durchzusetzen, griff Friedrich zu einer List:
Er ließ Kartoffelfelder anlegen und stellte Wachen davor. Das erweckte den Eindruck, die Pflanze sei wertvoll. Nachts schlichen sich neugierige Bauern auf die Felder, stahlen einige Knollen – und stellten fest, dass sie gekocht sehr wohl schmeckten. So überzeugte Friedrich sein Volk nicht mit Gewalt, sondern mit psychologischem Geschick. Eine der erfolgreichsten Imagekampagnen der Agrargeschichte.
Durch die Bewachung wurde das Produkt plötzlich als „wertvoll“ wahrgenommen. Das Produkt selbst blieb unangetastet.
In „Switch“ beschreiben die Gebrüder Heath eine vergleichbare Lösung beim Papageienproblem auf St. Lucia. Der heimische Papagei drohte auszusterben und niemand interessierte es.Ausfuhrverbote, Gesetze, Strafen, das übliche Register an staatlichen Maßnahmen, nichts funktionierte. Den Bewohnern war der Papagei schlicht egal. Bis ein findiger junger Mann einen anderen Ansatz fand.
In einer umfangreichen Kampagne in Filmen, Fernsehen, Büchern, Zeitungsartikeln usw. wurde der heimische Papagei als Nationalsymbol etabliert. Es sei „unser“ Papagei, kein Exportgut. Nach und nach kam die Geschichte an und die Bevölkerung verteidigte „ihren“ Papagei gegen Tierhändler, Vogelfänger usw. Die Population erholte sich und noch heute sind die Inselbewohner stolz auf ihr Nationaltier und niemand würde es wagen dem Vogel etwas anzutun.
In vielen Fällen ist die Frage also nicht, wie kann ich das Ding verändern, um das es geht?
Sondern, wie kann ich die Wahrnehmung des Dings verändern, um das es geht?