Warum „schneller“ nicht automatisch „besser“ bedeutet
Wir leben in einer Welt, die Geschwindigkeit feiert. Schneller liefern. Schneller antworten. Schneller ankommen.
Doch Rory Sutherland, der britische Werbephilosoph und Verhaltensökonom, bringt es auf den Punkt:
“We over-optimize for speed, but forget to optimize for pace.”
Und das ist mehr als nur Semantik.
⚙️ Speed vs. Pace …was wir oft übersehen
Speed beschreibt, wie schnell wir uns bewegen: Kilometer pro Stunde, Meter pro Sekunde.
Pace beschreibt, wie lange wir für eine Strecke brauchen – Minuten pro Kilometer, Energie pro Ergebnis.
Klingt gleich, ist aber ein fundamentaler Perspektivwechsel.
Denn wenn man Geschwindigkeit misst, denkt man in Zahlen. Wenn man „Pace“ misst, denkt man in Wirkung.
⏱️ Der Nutzen fällt …das Risiko steigt
Stell dir vor, du fährst auf der Autobahn 120 km/h. Du erhöhst auf 160 km/h.
Dein Navi zeigt: Ankunft 4 Minuten früher. Vier Minuten.
Dafür nimmst du:
-
ein höheres Unfallrisiko in Kauf,
-
einen deutlich höheren Energieverbrauch,
-
mehr Stress und geringere Konzentration.
Ab einem bestimmten Punkt kippt das Verhältnis: Spätestens von 160 auf 200 gilt:
Mehr Tempo bringt kaum noch echten Nutzen, kostet aber überproportional viel.
Rory Sutherland nennt das den „Paceometer-Effekt“:
Je schneller du bereits bist, desto geringer wird der zusätzliche Nutzen pro weiterer Beschleunigung.
Oder einfach gesagt:
Es gibt einen Sweetspot – danach ist schneller fahren einfach dumm.
🧠 Das eigentliche Problem: Unsere Instrumente
Die meisten Anzeigen im Auto zeigen uns nur eine Perspektive: Geschwindigkeit.
Sie verführen uns, weil sie Fortschritt in Zahlen darstellen: 100, 120, 150 km/h.
Aber sie blenden aus, was wirklich zählt. Wir sehen nur die Belohnung des Tempos, nicht die Kosten.
Was wäre, wenn unsere Instrumente mehr zeigen würden?
-
🔴 Unfallrisiko-Anzeige – eine dynamische Risikostufe in % oder Farben (grün = ok, gelb = erhöht, rot = kritisch).
-
🧍♂️ Mitfahrer-Gefährdung – wie stark z. B. ein Kind im Kindersitz bei 160 km/h mehr Risiko trägt als bei 130.
-
⚡ Bio-Charge – dein Energielevel bei Ankunft. Wie fit bist du nach 2 Stunden Stressfahrt im Meeting wirklich?
Das wären Instrumente für die Realität, nicht nur für das Ego.
🚦 Das lässt sich übertragen, weit über den Straßenverkehr hinaus
„Speed vs. Pace“ ist kein reines Verkehrsproblem. Es ist ein Lebens- und Businessproblem.
Wir steigern die Geschwindigkeit von Prozessen, Projekten, Wachstumskurven, aber übersehen oft, dass wir damit Effizienz, Qualität oder Kreativität opfern. In Unternehmen gilt das Gleiche wie auf der Autobahn:
-
Ein Team kann nur so schnell wachsen (und arbeiten), wie es mental mitkommt.
-
Ein Kunde kann nur so schnell entscheiden, wie sein Gehirn Vertrauen fasst.
-
Eine Marke kann nur so schnell expandieren, wie sie kulturell verstanden wird.
Manche Dinge brauchen ihren eigenen Pace.
🧭 Fazit
Schneller ist nicht gleich besser. Oft ist es einfach nur schneller.
Wenn du wirklich weiterkommen willst, beruflich, mental oder auf der Straße, dann such nicht das Limit deiner Geschwindigkeit, sondern den Sweetspot deines Tempos.
Denn wahre Effizienz entsteht nicht durch Maximierung, sondern durch Balance zwischen Tempo, Energie und Wirkung.
Der clevere Mensch fährt nicht zwingend immer schneller er weiß nur besser, wann er Gas gibt.
💡 Key Takeaways
-
Geschwindigkeit ist eine Zahl – Pace ist eine Haltung.
-
Ab einem gewissen Tempo sinkt der Nutzen exponentiell.
-
Neue Instrumente sollten Risiko, Energie und Wirkung sichtbar machen.
-
Das Prinzip gilt in Führung, Business und Leben gleichermaßen.
-
Finde deinen Sweetspot, nicht dein Limit.
